Viele Betroffene von Long Covid und ME/CFS fühlen sich im Regen stehen gelassen – sowohl von Gesundheitseinrichtungen als auch vom Staat. SPÖ-Frauensprecherin, stv. Klubvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und SPÖ-Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan haben heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz ihren 6-Punkte-Plan mit Forderungen an die Bundesregierung auf den Tisch gelegt, um die Situation von Betroffenen zu verbessern.
„Long-Covid- und ME/CFS-Patient:innen brauchen eine zentrale Anlaufstelle, wo ihnen geholfen wird. Viele Betroffene fühlen sich im Stich gelassen“, betont Holzleitner. „Diese Menschen müssen leider als Österreichs vergessene Patient:innen bezeichnet werden“, sagt Silvan. Die SPÖ-Abgeordneten fordern unter anderem eine rasche Umsetzung des vom Gesundheitsminister angekündigten Referenzzentrums sowie eine Anerkennung von Covid als Berufskrankheit in allen Branchen. Im Rahmen der Pressekonferenz schilderte die Betroffene Manuela Hitz ihren persönlichen Leidenswegs mit Long Covid.
100.000 ÖsterreicherInnen erfasst
Insgesamt sind in Österreich seit Beginn von Corona rund 100.000 Menschen erfasst worden, die an Long Covid erkrankt sind. Die Dunkelziffer dürfte aber weit höher sein. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Als Frauensprecherin ist die Thematik für Holzleitner besonders wichtig: „Wir wissen aus Studien, dass Frauen verstärkt betroffen sind von Long Covid und ME/CFS. Sie haben mehr Symptome. Deshalb ist hier auch der gendermedizinische Aspekt zu berücksichtigen.“ SPÖ-Frauensprecherin Holzleitner fordert zudem eine zielgerichtete Schulung der Ärzt:innen und Optimierung der Forschungs- und Datenlage. „Es gibt mehr Universitätskurse zu Glücksspiel als zu ME/CFS in der medizinischen Ausbildung. Long Covid und ME/CFS müssen dringend Eingang in die Lehrpläne finden“, so Holzleitner. Um den Wiedereinstieg in den Beruf für Betroffene so einfach wie möglich zu gestalten, plädiert Holzleitner für flexible Teilzeitmodelle für RückkehrerInnen.
Silvan fordert Reform der Berufskrankheitenliste
Für SPÖ-Mandatar Silvan ist es höchst an der Zeit, dass die Berufskrankheitenliste reformiert wird: „Ansteckungen sind in allen Branchen möglich, nicht nur im Gesundheitsbereich. Deshalb ist es wichtig, in der Berufskrankheitenliste Covid endlich auf alle Branchen auszuweiten.“ Rund 60 Prozent der Betroffenen seien nicht arbeitsfähig. Am Beispiel von Manuela Hitz schildert Silvan, dass Menschen, die an Long Covid bzw. ME/CFS leiden, die vergessenen Patient:innen sind. „Vor rund 14 Tagen hat Frau Hitz die Nachricht erhalten, dass ihr Rehageld eingestellt und sie dann keine weiteren finanziellen Mittel erhalten wird. Wird hingegen eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt, dann hat die Betroffene Anspruch auf Leistungen aus der Allgemeinen Unfallversicherung“, betont Silvan.
Betroffene ist seit 2021 arbeitsunfähig
Manuela Hitz, selbst Long-Covid-Betroffene, schilderte ihre persönlichen Erfahrungen: Mit einer Corona-Erkrankung im März 2021 inklusive Spitalsaufenthalt begann der Leidensweg der Niederösterreicherin, die zuvor als Büroangestellte tätig war und seither arbeitsunfähig ist. „Nach der Infektion konnte ich keine drei Stufen steigen und keine 200 Meter gehen.“ Sie litt bzw. leidet unter anderem an Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen, Erschöpfung und Schlafproblemen, Körperschmerzen, Schwindel und Haarausfall. Der mehrjährige Spießroutenlauf von Frau Hitz erstreckt sich über zwei Reha-Aufenthalte, unterschiedlichste Therapien und unzählige Termine beim Hausarzt, Lungenfacharzt, bei der Ergotherapie, Neuropsychologie uvm. „Was ich mir wünsche, ist, dass es Zentren gibt, wo wir Betroffene uns hinwenden können ohne belächelt zu werden. Außerdem brauchen die ÄrztInnen mehr Weiterbildungsmaßnahmen, um von bestimmten Therapieformen bzw. Testmöglichkeiten zu erfahren“, so die Betroffene Hitz.
Aufzeichnung der Pressekonferenz
Die Pressekonferenz wurde auf Facebook live gestreamt und kann hier nochmal angesehen werden: